Wilder Wald - Lebendiger Fluss Station 05: Das Schelchdorf

Hauptstraße 55, 97478 Knetzgau

Station 05

Das Schelchdorf

 

Wer hier in Knetzgau auf dem Main fischen wollte, Waren flussauf und flussabwärts oder auch einfach nur Personen von einer auf die andere Seite transportieren wollte, der brauchte natürlich ein schwimmendes Gefährt. Bis ins frühe 20. Jahrhundert war Knetzgau, der Ort in dem wir uns gerade befinden, DAS Schiffbau-Zentrum am Obermain. Insbesondere durch den Bau der maintypischen „Schelche“ erlangte Knetzgau überregionale Bedeutung. 

Ein Denkmal auf einem Park- und Rastplatz der Staatsstraße am Mainübergang (Zubringer zur Autobahn) in Knetzgau, in der stilistischen Form eines Schelches, von Künstler Rainer Krämer-Guille aus Würzburg, soll die Bewältigung von Entfernungen symbolisieren. Das Material des Schelches (elektrolytisch bronzierter Edelstahl) erinnert an organische Schelchbaustoffe aus dem Steigerwald, nämlich Edelholz, Moos und Holzteer. | Quelle: FornaxCC BY-SA 3.0

 

Wo der wilde Wald auf den lebendigen Fluss trifft

Es waren nicht zuletzt die reichen Wälder des Steigerwaldes, der Haßberge und des Schweinfurter Oberlandes, die die wertvollen Eichen lieferten, mit denen in Knetzgau jahrhundertelang hochwertige Schiffe gebaut werden konnten. Mit einfachsten Handwerkzeugen, regionalen Produkten und viel Handwerkskunst fertigten die Knetzgauer Schiffsbauer unterschiedlichste Gefährte für Kunden von Würzburg bis Bamberg und sogar weit darüber hinaus. 

Vor sich den Main und direkt dahinter die tiefen Wälder des nördlichen Steigerwaldes, perfekte Bedingungen für den Schiffbau in Knetzgau © Ralf Schanze

 

Die tiefen Wälder versorgten sie dabei mit fast allem was sie benötigten. Möglichst gerade, astfrei gewachsene Eichen um daraus lange Bretter für den Boden und die Seitenteile der Schiffe sägen zu können. Krummholz, also von Natur aus „passend krumm“ gewachsenes Holz, für die Spanten, also die innere Aussteifung des Bootes. Moose und Birkenrinde zur Pechherstellung um die Planken gegeneinander abzudichten (Kalfaterung). Die wenigen Metallteile, wie Nägel oder kleinere Beschläge, lieferten die Schmieden der Umgebung. 

Die Handwerkskunst des Schelchbaus prägte den Ort übrigens sogar so sehr, dass die Gemeinde seit 1974 einen Schelch in ihrem Wappen führt!

Das offizielle Wappen der Gemeinde Knetzgau seit 1974

 

Der Schiffstyp „Schelch“

Schelche der Würzburger Fischerzunft an ihrem Liegeplatz. | Quelle: Traditionelle Boote in Deutschland 5: Der Fischerschelch am Obermain, Hans-Walter Keweloh (1996)

 

Der klassische „Schelch“ ist ein vor allem für den Main typischer, hölzerner, länglicher Lastkahn mit ungedecktem Laderaum, einer Breite von etwas über einem Meter und einer Länge zwischen acht und neun Metern. Durch seine besondere Formgebung hat er einen relativ geringen Tiefgang und konnte so auch höhere Lasten auf dem damals noch deutlich flacherem Main transportieren. Selbstverständlich wurden aber auch andere, teilweise deutlich größere Schelche und andere Schiffstypen in Knetzgau gefertigt. Der große „Hümpelschelch“ hatte bspw. bis zu 100 Tonnen Tragkraft! 

Die Schelche werden aus jahrelang abgelagertem Eichenholt gefertigt, welches die Schiffbauer häufig im Winter selbst ausgesucht, geschlagen und zugesägt haben. Die Planken werden unter Verwendung der uralten Methode des Biegens mithilfe von Feuer und Wasser in die gewünschte Form gebracht. Der Bootskörper wird durch Spanten und Duchten ausgesteift und verstärkt. Abgedichtet werden die Planken durch Moose, die zu Würsten gedreht und in die Fugen getrieben werden. Die Fugen werden dann noch mit sogenannten Senkeleisen überschlagen. Danach kann der Bootskörper mit flüssigem Pech (später Bitumen) kalfatert (abgedichtet) werden. 

Die Fischer in Bischberg fahren auch heute noch mit Schelchen (allerdings aus Metall) auf dem Main | Quelle: ErmellCC BY-SA 4.0 

 

Handwerkskunst und Familientradition

Bereits der 1753 in Schweinfurt geborene Caspar Bundschuh, einer der fruchtbarsten Schriftsteller auf den Gebieten der Theologie, Pädagogik und vor allem der Geographie und Statistik Frankens, schreibt in seinem „Geographisches statistisch-topographisches Lexikon von Franken“ (6 Bde. Ulm 1799—1804):

 

„Hier (in Knetzgau) befinden sich auch mehrere geschickte Schiffbauleute, die viele Nachen und Kähne verfertigen. Da sie dauerhaft gebaut sind, so werden sie auch von denen, die Gewerbe auf dem Main treiben, viel theurer bezahlt, als jene, die die Cronacher Flößer auf gleiche Spekulation verfertigen lassen.“

 

Bedenkt man, dass ein Hauptabnehmer der Schelchbauer schon immer die Fischerzünfte waren, darf man davon ausgehen, dass der Schiffbau am Main sowie hier in Knetzgau bereits mehrere Jahrhunderte existierte. Die Fischerzunft in Haßfurt ist bspw. bereit seit 1208 urkundlich nachgewiesen! Seine Blütezeit erfuhr der Schiffbau in Knetzgau jedoch zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Für das Jahr 1823 werden in den Archiven 20 Schelchbauer erwähnt, die die kleinen Mainkähne herstellten. 

Familie Keidel (Maria Keidel, Julius Keidel, Peter Keidel) in Knetzgau beim Bau eines kleineren „Nachens“ im Familienunternehmen (9. April 1935) | Quelle: MliechtensteinCC BY-SA 4.0

 

1844 waren es dann allerdings nur noch zehn, 1875 gar nur noch fünf Schelchbauer. Bis in die 1920er Jahre haben es dann noch drei Betriebe geschafft. Denn mit dem Beginn des 20. Jh. verdrängte der Eisenkahn das hölzerne Frachtschiff immer stärker, sodass nach und nach immer mehr Betriebe, die teilweise seit mehreren Generationen in einer Familie geführt wurden, den Schiffbau an den Nagel hängen mussten.

Viele flusserfahrene Knetzgauer und ehemalige Schiffbauer verdienten sich ab Anfang des 20. Jahrhunderts Ihr täglich Brot beim Ausbau des Mains zur Schifffahrtsstraße | Quelle: Archiv Hilmar Schenk (Archivar Gemeinde Knetzgau)

 

Der letzte Schiffbauer mit Meisterbrief war schließlich Franz Betz. Er hatte 1946 im Alter von 14 Jahren begonnen diesen Beruf bei Altmeister Stefan Schnös zu erlernen, machte sich 1963 selbstständig und legte 1965 seine Meisterprüfung im Schiffbau vor der Handwerkskammer in Frankfurt am Main ab. 

Franz Betz (rechts) mit seinem Meister Stefan Schnös (links) beim Bau eines größeren Kahns | Quelle: Archiv Hilmar Schenk (Archivar Gemeinde Knetzgau)

 

Später musste allerdings auch Franz Betz ausweichen und war schließlich hauptberuflich beim Wasser- und Schifffahrtsamt tätig. Er ließ es sich jedoch nicht nehmen nach Feierabend und in seiner Freizeit die alte Tradition fortzusetzen. Und nachdem er bereits über 200 Schelche in seinem Leben gebaut hatte, stammte auch er letzte, eichene, handwerklich gebaute Schelch aus Knetzgau, aus seiner Hand. Im Auftrag eines edlen Spenders fertige er einen letzten Schelch im Jahr 1992, der jedoch niemals ins Wasser gesetzt, sondern direkt als Denkmal im Ortszentrum aufgestellt wurde.  Zu sehen ist dieses Meisterwerk alter Handwerkskunst auch heute noch auf der Grünfläche in der Hauptstraße an der Kreuzung zur Straße „Plan“ im südlichen Ortszentrum. 

Der von Franz Betz gebaute, letzte Schelch aus Knetzgau an seinem heutigen „Liegeplatz“ auf einer Grünfläche in der Hauptstraße Ecke Plan | Quelle: FornaxCC BY-SA 3.0

 

Und da es schon vorher abzusehen war, dass dieses Handwerk aussterben wird, hat ein Dokumentarfilmteam Franz Betz beim Bau seines letzten Schelchs begleitet. Es ist das letzte Bewegtbild-Zeugnis dieser alten Handwerkskunst und eines echten Handwerk-Meisters.

Franz Betz beim Bau seines letzten Schelches (14:47 min) © (Achtung externer Link zu YouTube)

 

Geballtes Wissen zum Main

In naher Zukunft, soll hier in Knetzgau sogar ein eigenes Informationszentrum zum Main, dessen Wirtschaftskraft und seine Bedeutung für Mensch und Umwelt entstehen. Das MIZ 359. Die ersten Entwürfe sehen – in unseren Augen - jedenfalls schon mehr als vielversprechend aus! 

Ein erster Entwurf für das MIZ 359 © magma architecture

 

Bis das MIZ 359 fertig ist, müssen Sie und wir uns allerdings noch etwas gedulden. Wir würden uns jedoch sehr freuen, Sie dann noch einmal hier in Knetzgau, im nagelneuen Maininformationszentrum oder auf unserer Tour Wilder Wald – Lebendiger Fluss begrüßen zu dürfen! 

Weitere Informationen zum geplanten Maininformationszentrum Knetzgau finden Sie unter https://maininformationszentrum.bayern/

Herzlichen Glückwunsch! Das was die letzte Station auf unserer Tour “Wilder Wald - Lebendiger Fluss”. Hiermit haben Sie alle Stationen unseres Entdecker-Guides auf dieser Tour eingesammelt. Jetzt heißt es nur noch zurück zum Startpunkt in Haßfurt und sich ordentlich für diese durchaus sportliche Leistung belohnen! 

Quellen:

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